Wer kennt sie nicht, die alte germanische Heldensage über die Nibelungen, Siegfried den mutigen Helden, der durch das Bad in Drachenblut unverwunderbar wurde, seine Liebe zu Kriemhild, Tochter der Wormser Herrscher und Brünhild, die Königin aus dem hohen Norden. Und wer hat nicht vom Schatz der Nibelungen gehört, der irgendwo im Rhein versank, durch die Hand Hagens, die auch den Speer führte, Siegfried zu töten.
Die wohl bekannteste Niederschrift der Sage ist das mittelhochdeutsche Nibelungenlied, welches wohl um 1200 im Raum Passau entstand. Doch die Sage, auf der diese basierte, ist viel älter und reicht bis in das heroische Zeitalter der germanischen Völkerwanderung zurück. Historischer Anknüpfungspunkt der Sage ist die Zerschlagung des Burgunderreiches, welches im Raum von Worms in der Spätantike bestand, um 436 durch den römischen Heermeister Aëtius und hunnische Hilfstruppen.
Der Text des Nibelungenlieds ist in, größtenteils nur noch fragmentarisch erhaltenen, 37 deutschen Handschriften erhalten. Die drei ältesten vollständigen Texte sind die Handschriften A, B und C, nach Karl Lachmann mit Buchstaben benannt. Seit 2009 gehören diese drei Schriften zum UNESCO Weltdokumentenerbe.
Die Handlung des Nibelungenliedes lässt sich in zwei Teile untergliedern. Der erste Teil behandelt im Schwerpunkt Kriemhilds erste Ehe mit Siegfried und dessen Tod. Im zweiten Teil steht Kriemhilds Rache im Mittelpunkt. Räumlich sind die beiden Teile vor allem im Burgunderreich am Rhein und, im zweiten Teil, in Südostdeutschland und Donaugebiet im heutigen Österreich und Ungarn angesiedelt.
Kriemhild lebt mit ihren drei Brüdern Gunther, Gernot und Giselher am Königshof in Worms. Enge Vertraute am Königshof sind unter anderem Hagen von Tronje und sein Bruder Dankwart. Kriemhild will bis zu ihrem Tod "schön", also jungfräulich, bleiben und lehnt die Liebe und Gedanken an einen Gatten lange ab.
Siegfried ist Sohn des Königs Siegmund und Königin Sieglinde von Xanten am Niederrhein. Er ist ein kampfgewandter und mutiger junger Mann, der zwar gern die Aufgaben eines Königs wie das Richteramt wahrnimmt, aber die Herrschaftsübernahme ablehnt und hinter seinen Eltern zurücktritt. Siegfried beschließt, um Kriemhild zu werben, obwohl er weiß, dass sie alle Werber abweist. Er bricht nach Worms auf, um dort um ihre Hand anzuhalten.
Hagen erkennt Siegfried, als dieser an den Hof kommt, und erzählt von Siegfrieds bisherigen Taten. Er hat den Hort des verstorbenen Königs Nibelung erworben und außerdem im Blut eines von ihm erschlagenen Drachen gebadet, sodass er seither eine unverletzliche Hornhaut hat. Hagen ist wie fixiert auf den Hort der Nibelungen.
Siegfried bleibt als Gast am Hof und bekommt Kriemhild nicht zu Gesicht. Sie allerdings beobachtet die Ritter, also auch Siegfried, im Burghof und verliebt sich in ihn. Erst nachdem Siegfried den Burgundern im Kampf gegen die Sachsen und Dänen den Sieg bringt, sieht er Kriemhild zum ersten Mal beim Siegesfest, beide tauschen liebevolle Blicke aus.
Doch Siegfried will erst um Kriemhild werben, wenn er ihrem Bruder Gunther zu einer Braut verholfen hat. Dieser hat sich in den Kopf gesetzt, Brünhild, die Königin von Island, zu ehelichen. Diese besitzt, solang sie Jungfrau bleibt, magische Kräfte und will sich erst einem Mann hingeben, wenn dieser sie in drei Kampfspielen besiegen kann. Ansonsten ist sein Leben verwirkt. Siegfried soll Gunther helfen, die Spiele zu gewinnen. Zusammen mit Hagen und Dankwart segeln sie nach Island. Siegfried gibt sich als Gefolgsmann Gunthers aus, um keinen Verdacht zu erregen. Durch die Tarnkappe, die Siegfried bei der Eroberung des Hortes vom Zwerg Alberich erkämpfte, täuschen Siegfried und Gunther Brünhild. Sie denkt, Gunther kämpfe gegen sie, während der unsichtbare Siegfried in Wirklichkeit den Sieg erringt. So willigt Brünhild ein, Gunthers Frau zu werden.
Am Hof in Worms wird eine Doppelhochzeit gefeiert - Gunther-Brünhild und Siegfried-Kriemhild. Brünhild ist sehr verwundert über die Behandlung Siegfrieds am Wormser Hof, da er hier ebenso königlich behandelt wird wie Gunther, während er sich in Island noch als sein Gefolgsmann ausgab. Da Gunther ihr nicht erklären will, wie dies sein kann, beschließt sie, den Vollzug der Ehe zu verweigern. Brünhild fesselt in der Hochzeitsnacht Gunther mit ihrem Gürtel und hängt ihn an die Wand, bis zum nächsten Morgen. In der folgenden Nacht muss Siegfried sodann Gunther erneut zur Hilfe eilen - er ringt Brünhild getarnt mit seiner Tarnkappe zu Bett, dann tauschen er und Gunther die Plätze, sodass er die Ehe vollziehen kann und sie ihre magischen Kräfte verliert. Seiner Frau Kriemhild bringt Siegfried den Gürtel und Ring von Brünhild mit um zu beweisen, wo er in der Nacht war.
Nach der Hochzeit reisen Siegfried und Kriemhild nach Xanten in sein Reich. Siegmund übergibt die Herrschaft vollständig an Siegfried. Nach neun Jahren gebiert Kriemhild einen Sohn, der den Namen Gunther erhält, und fast zur selben Zeit gebiert auch Brünhild einen Sohn, den man Siegfried nennt.
Brünhild ist auch so lange Zeit nach der Hochzeit noch mit der Frage beschäftigt, wie es um die angebliche Vasallenstellung Siegfrieds steht. Sie wittert den Betrug und verlangt von Gunther, Siegfried zu seinem Hofdienste zu befehlen. Um Siegfried nicht zu beleidigen, lädt er ihn und Kriemhild zu einem Fest nach Worms. Da Kriemhild Heimweh nach Worms hat, bittet sie ihren Gemahl, die Einladung anzunehmen. Sie reisen zusammen mit dem alten König Siegmund nach Worms. Dort werden sie wieder gleichrangig behandelt.
Während des Turniers geraten die beiden Königinnen in einen Streit um den Rang ihrer Männer. Kriemhild lobt Siegfried über alle Maßen, da er sich im Turnier so hervortut und behauptet, einem so herrlichen Held stehe auch die Herrschaft über das Wormser Reich zu. Brünhild entgegnet, Gunther sei doch der Herr Siegfrieds und dieser unfrei. Später beschimpft Brünhild Kriemhild als leibeigene Dirne, woraufhin diese sie die Kebse eines leibeigenen Mannes schimpft, weil nicht Gunther, sondern Siegfried ihr die Jungfräulichkeit nahm. Sie beweist dies, in dem sie ihr den Ring und Gürtel aus jener Nacht vorlegt. Brünhild ist außer sich und verlangt von Siegfried, einen Eid abzulegen, dass dem nicht so war. Gunther erlässt ihm diesen, da ihm Siegfrieds Unschuld ja bekannt ist. Hagen will sich für die Beleidigung seiner Herrin mit dem Mord an Siegfried rächen und kann Gunther ebenfalls davon überzeugen.
Gunther und Hagen fingieren eine Erneuerung des Sachsenkrieges, zu dem Siegfried bereitwillig seine Hilfe anbietet. Hagen kann derweil Kriemhild entlocken, dass Siegfried am Rücken eine verwundbare Stelle blieb, auf die während des Bades im Drachenblut ein Lindenblatt fiel. Er spiegelt ihr vor, diese Stelle im Krieg besonders schützen zu wollen und kann sie überzeugen, diese an Siegfrieds Kleidung durch ein Kreuz zu markieren. Durch erneute falsche Boten wird die Kriegserklärung rückgängig gemacht. Dafür lädt Gunther zu einer Jagd ein.
Kriemhild wird klar, dass sie unvorsichtig gehandelt hat, und versucht Siegfried durch die Erzählung von warnenden Träumen zur Absage der Jagd zu überreden. Doch er lässt sich nicht darauf ein. Siegfried und Hagen unternehmen im Wald einen Wettlauf zu einer Quelle, da der Wein absichtlich zu einer anderen Stelle gesandt wurde. Siegfried erreicht die Quelle als erstes und während er sich zum trinken über die Quelle beugt, ermordert Hagen ihn hinterrücks mit seinem Speer, indem er die Stelle durchbohrt, die Kriemhild mit dem Kreuz kennzeichnete. Der sterbende Siegfried schillt den feigen Mord, am verächtlichsten sei die Haltung Gunthers.
Gunther und Hagen kehren daraufhin nach Worms zurück und legen Siegfrieds Leichnam vor Kriemhilds Gemach ab. Kriemhild ist sich sicher, dass Hagen der Mörder ist. Bei der Bahrprobe bestätigt sich dies - als Hagen an den Leichnam herantritt, beginnen dessen Wunden zu bluten, was nach allgemeinem Glaube geschieht, wenn der Mörder an die Bahre seines Opfers tritt. Doch Gunther leistet einen Reinigungseid und sie behaupten weiterhin, dass Siegfried von Räubern erschlagen wurde.
Kriemhild bleibt auf Bitten ihrer Familie in Worms, da ihr ohne Siegfried in Niederland kaum Schutz gewährt werden kann. Brünhild herrscht stolz und hochmütig, während Kriemhild die Jahre in Trauer und Gebet fristet. Kriemhild versucht fremde Recken an sich zu binden, in dem sie ihnen mit den Mitteln aus dem Nibelungenhort Geschenke macht. Hagen vermutet, sie wolle mit Hilfe dieser den Mord an Siegfried rächen. Er entwendet Kriemhild den Schatz und versenkt ihn im Rhein. Die drei Könige dulden Hagens Vorgehen und machen sich abermals schuldig.
Damit endet der erste Teil.
13 lange Jahre nach Siegfrieds Ermordung wittert Kriemhild eine Chance zur Umsetzung ihrer Rachepläne. Der Hunnenkönig Etzel, der mächtigste Herrscher der Welt, will sie heiraten. Nach anfänglichem Zögern entscheidet sie sich zu einer Ehe mit ihm, auch auf Drängen ihres Bruders Giselher. Nur Hagen erkennt die Gefahr, die von ihrer neu gewonnen Macht ausgehen kann.
Kriemhild schenkt Etzel einen Sohn, Ortlieb. Und weitere 13 Jahre später, 26 Jahre nach Siegfrieds Tod, bringt sie Etzel dazu, ihre Brüder und Hagen zu sich zu einem Hoffest einzuladen. Die Eingeladenen ahnen, dass es sich um eine Falle handelt. Einerseits ist Kriemhild immer noch auf Rache aus, andererseits hat Etzel schon einmal die Vorherrschaft im Burgunderreich zu beanspruchen versucht. Die Burgunden, die nun mehr auch den Namen "Nibelungen" tragen, da sie sich als Besitzer des Hortes fühlen, ziehen mit 1.000 Kriegern und deren 9.000 Knechten zum Hof der Hunnen. Damit wollen sie sich vor Rache- und Herrschaftsplänen schützen. Während der Reise prophezeien zwei Wasserfrauen, dass nur der Kaplan lebend nach Worms zurückkehren wird. Daraufhin will Hagen ihn ertränken, um die Prophezeiung zu widerlegen, doch er kann sich retten. Somit weiß Hagen, dass die Weissagung sich bewahrheiten wird.
Dietrich von Bern, ein am Hof Etzels im Exil lebender König, warnt die Burgunden, dass Kriemhild noch täglich um Siegfried weint. Am Hofe angekommen verhöhnt Hagen Kriemhild und verhält sich beleidigend ihr und Etzel gegenüber.
Auch am nächsten Tag provozieren Hagen und Volker die Hunnen. Sie ahnen bereits, dass es zu einem Kampf kommen wird und wollen diesen alsbald herbeiführen. Kriemhild bietet derweil Etzels Bruder Blödel großzügige Geschenke, wenn dieser Hagen tötet. Doch er lehnt ab. Gernot und Giselher wollen sich ebenfalls nicht von Hagen abwenden. Etzel ist seinen Gästen gegenüber freundlich gesinnt und bietet ihnen an, den gemeinsamen Sohn Ortlieb zur Erziehung nach Worms zu geben. Doch Hagen vermutet darin einen Vormachtsanspruch und prophezeit den Tod des Kindes.
Blödel fühlt sich veranlasst, zumindest den Bruder Hagens, Dankwart, zu erschlagen. Doch Blödel verliert und wird von Dankwart getötet. Daraufhin erschlägt eine Schar von Hunnen die wehrlosen Knechte. Als Hagen von den Geschehnissen erfährt, tötet er Ortlieb und fordert die Burgunden auf, die Hunnen umzubringen.
Im Laufe der nun folgenden Kämpfe fallen viele Helden auf beiden Seiten. Zum Schluss sind nur noch Hagen und Gunther und auf Seiten der Hunnen Dietrich von Bern und Hildebrand am Leben. Sie fordern Hagen und Gunther heraus, zur Genugtuung für die Erschlagenen. Dietrich wäre bereit, ihnen das Leben zu schenken, wenn sie sich ihm ergeben. Doch sie sind dazu nicht bereit, also ringt Dietrich sie im Kampf nieder und überantwortet sie gefesselt Kriemhild. Sie möge sie freilassen, wenn sie ihr eine Entschädigung für das ihr angetane Leid leisten. Hagen erklärt, er gäbe das Versteck des Nibelungenhortes nicht preis, solang noch einer seiner Herren am Leben sei. Daraufhin lässt Kriemhild ihrem Bruder Gunther den Kopf abschlagen. Hagen erklärt ihr, dass nun lediglich Gott und er wissen, wo der Schatz versteckt ist. Kriemhild ergreift Siegfrieds Schwert, dass Hagen nach dem Mord entwendete und zur Provokation an Etzels Hof mitbrachte. Sie schlägt Hagen eigenhändig den Kopf ab. Die Männer sind darüber entsetzt, wie eine Frau es wagen kann, einen der größten Helden zu töten. Zur Rache erschlägt Hildebrand Kriemhild.
Am Ende stehen Dietrich von Bern, Hildebrand, Etzel und die ritterliche Gesellschaft weinend vor der Bilanz des unsagbaren Leids und auch der Erzähler nimmt trauernd Abschied.