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DER AUEROCHSE: MYTHOS UND ‚RÜCKKEHR‘ EINER SCHLÜSSELART

Ausstellung im UNESCO Welterbe Kloster Lorsch geht dem ausgestorbenem Auerochsen auf die Spur – von seiner gnadenlosen Bejagung durch den Menschen bis zur Rückzüchtung heute.

Der Auerochse: Mythos und ‚Rückkehr‘ einer Schlüsselart
Kurator Claus Kropp vor einem Wisenskelett - © Kloster Lorsch

25.01.2018 / Ab kommenden Sonntag zeigt das UNESCO Welterbe Kloster Lorsch die Ausstellung „Der Auerochse – eine Spurensuche“, die vom 28. Januar bis 6. Mai 2018 im Museumszentrum Lorsch zu sehen ist. Die Schau verfolgt die Fährte des seit fast vier Jahrhunderten ausgestorbenen Auerochsen von der Vorgeschichte bis heute und wurde in Kooperation mit dem UNESCO Geopark Bergstraße Odenwald konzipiert.
Was wissen wir überhaupt über dieses imposante Rind, das Jahrtausende hindurch die Landschaft und Menschheitsgeschichte des nacheiszeitlichen Europas geprägt hat? Wie kaum ein anderes Wildtier diente es den Menschen als Nahrungsquelle und Nutztier, inspirierte bereits vor über 10000 Jahren die Höhlenmaler von Lascaux und Chauvet und wurde in Mythen und Schriften besungen und beschrieben, bevor es 1627 ausgerottet wurde und damit buchstäblich von der Landkarte verschwand. Erst im 20. Jahrhundert geriet der Auerochse wieder verstärkt in den Blick des Menschen. Nahezu in ganz Europa, darunter auch in Deutschland, gibt es heute Projekte zur Rückzüchtung des Auerochsen. Anhand herausragender Exponate begibt sich die Ausstellung auf eine spannende Spurensuche und hinterfragt Sinn und Nutzen aktueller Rückzüchtungsprojekte für den Naturschutz heute.
In sechs großen Themenfeldern – vom „Mythos Auerochse“ über die neuesten Forschungen zu „Biologie, Verhalten und Lebensraum“ bis hin zu „Jagd und Aussterben“ und schließlich „Rückkehr und Neuanfang“ gibt die Schau auf der Basis neuester archäologischer, historischer und naturwissenschaftlicher Forschungen umfassende Einblicke in das Leben und die Bedeutung dieses Ur-Rinds, das in der Jungsteinzeit als erstes Wildrind überhaupt domestiziert wurde.
Gezeigt werden unter anderem einer der größten je gefundenen Auerochsenschädel, seltene steinzeitliche Artefakte wie ein Knochen mit der Teildarstellung eines Auerochsen – ein kaum bekannter Schatz aus den archäologischen Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim –, Tiere der Begleitfauna aus den verschiedenen Kalt- und Warmzeiten, darunter ein vollständiges Wisentskelett, Knochenfunde von Steppenbison, Waldelefant, Mammut, Wollnashorn und Flusspferd aus der Landschaft des Oberrheingrabens sowie frühe Jagdwaffen und Jagdtrophäen.
Mit welchen weiteren Mitteln das begehrte Wildrind bis zu seiner Ausrottung gejagt wurde, dokumentiert die Rekonstruktion einer Grubenfalle. Medienstationen mit Kurzfilmen geben vertiefte Einblicke in die Geschichte und das Leben dieser faszinierenden Pflanzenfresser.
Der Rundgang schließt mit der Vorstellung großer nationaler und internationaler Rückzüchtungsprojekte und geht der Frage nach, welchen Nutzen und welche Bedeutung diese Maßnahmen für den Naturschutz heute haben.   
„Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem UNESCO Geopark Bergstraße-Odenwald einen weiteren Kooperationspartner an unserer Seite haben, mit dem wir nicht nur das Lorscher „Auerrindprojekt“ voranbringen werden, sondern auch die Ausstellung gemeinsam realisieren konnten“, sagt Dr. Hermann Schefers, Leiter des UNESCO Welterbes Kloster Lorsch. Auch Claus Kropp, Leiter des Freilichtlichtlabors Lauresham und Kurator der Schau, sowie Christiane Stolz vom UNESCO Geopark Bergstraße-Odenwald und Mitkuratorin freuen sich auf gemeinsame Projekte zur naturnahen Beweidung. „Historische und archäologische Kenntnisse über den Auerochsen fließen so aktiv in den Naturschutz ein; umgekehrt dienen uns im Freilichtlabor Lauresham die praktischen Erfahrungen mit den Tieren, um ein besseres Verständnis vom Zusammenspiel von Mensch, Tier und Natur im Frühen Mittelalter zu erhalten“, erklärt Lauresham-Leiter Kropp.
Im Vorfeld der Ausstellung findet am 27. Januar eine internationale Fachtagung zum Thema „The Aurochs – breeding back and natural grazing for a wilder future?“ in Lorsch statt. Wissenschaftler und Fachleute diskutieren über aktuelle Forschungsergebnisse zum Auerochsen, insbesondere auch der Molekulargenetik, sowie über Zuchtprojekte und ihre Bedeutung für die Artenvielfalt Europas.
Seit dem Jahr 2013 bemüht sich auch das Freilichtlabor Lauresham des UNESCO Welterbes Kloster Lorsch mit dem „Auerrindprojekt“ um die Rückzüchtung des Auerochsen. Unterstützt wird diese Arbeit vom UNESCO Geopark Bergstraße-Odenwald.
Zur Ausstellung erscheint ein reichbebilderter Katalog. Eine spezielle Publikation für Kinder lädt kleine Besucher zu einer besonderen Entdeckungsreise durch die Schau ein. Die Ausstellung ist von Dienstag bis Sonntag, 10–17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 6 Euro, ermäßigt 5 Euro, Familienkarte 13 Euro.
Weitere Informationen: www.kloster-lorsch.de
Begleitprogramm zur Ausstellung
Vortrag
Freitag 09.02.2018 | 19 Uhr
Die Rückkehr einer europäischen Schlüsselart:Neues vom Auerrindprojekt am Freilichtlabor Lauresham
Referent: Claus Kropp | Ort: Paul Schnitzer Saal | Eintritt: frei
Ausstellungsrundgang & Fahrradtour „Große Auerochsentour“
Samstag 07.04., Sonntag 08.04, Samstag 21.04. und Sonntag 22.04.2018 | je 14 – 17 Uhr
Geführter Rundgang die Ausstellung; im Anschluss Fahrradtour zu den Beweidungsstandorten des Auerrindprojektes.
Voranmeldung bis eine Woche vor Veranstaltungsbeginn.
Treffpunkt: Museumszentrum | Preis: 8 € p.P. | ermäßigt 6 €
Fahrradtour
Sonntag 24.06., 22.07., 22.08.2018 | 11 Uhr
Auf den Spuren von Auerochse und Co.
Eine Fahrradexkursion zum Thema Ökologie und Artenvielfalt durch Beweidung mit Rindern.
Dauer: ca. 1,5 Stunden | Treffpunkt: Freilichtlabor Lauresham
Preis: 5 € p.P. | ermäßigt 3 €